Die Sonntagspredigt zum 15. März 1998

Gertrud Steimel (ehem. Pfarrerin):

Scheidung

Da dachten zwei Menschen, daß sie für einander geschaffen wären. Und es ging gut - Tage Wochen Monate Jahre. Und dann, irgendwann soll das nicht mehr der Fall sein. Plötzlich alles anders die ganze Zeit davor nichts als ein einziger Irrtum? Ein großer riesiger Irrtum !? Alles Umsonst alles falsch gemacht? Keine Hoffnung mehr oder gibt es noch Hoffnung?

Weinende Kinder. Trennung. Scheidung. Drama. Unglück. Ist es das wert? Kann nicht doch noch etwas gerettet werden? Alles gerettet werden?

Große Zweifel und die Frage ist ob es nichts wichtigeres gibt als an SICH, IMMER NUR AN SICH SELBST zu denken. Ich muß da durch, da muß ich durch und der Sache noch eine Chance geben.

Wir schaffen das. Gemeinsam.

Kaum sind zwei Tage vergangen glaubt niemand mehr daran. Es geht einfach nicht.

Also doch Scheidung. Oder? Doch noch eine Chance geben?!

Sagen wir 2 Wochen. Ich will es probieren. Du willst es auch? Laß es uns machen.

Wir haben es doch schon zig mal probiert und es ist immer gescheitert.

Wieviele Chancen soll man sich geben. Wieviele Chancen muß man sich geben?

Heute weiss ich die Antwort.

Bis ich nicht mehr kann garnichts mehr kann und schwach bin und am Ende und bis keiner mehr stark ist und das Richtige tun kann. Ich kann nicht mehr ich bin am Ende und deshalb darf ich jetzt mich scheiden. Weil es keinen Ausweg mehr gibt. Weil ich fertig bin total am Ende und es keinen anderen Weg gibt.

Ist es so ich will am Ende sein ich will mich aufgeben und total fertig sein. Ist das meine Strafe für das was ich tue. Was ich Dir und der Welt antue mit der Scheidung! Keinen Moment vorher habe ich die Kraft wegzugehen keinen Moment bevor ich nicht komplett am Boden liege und schwach bin und keinen Ausweg mehr weiss.

Ich will nicht stark sein ich will schwach sein. Es gab keinen anderen Ausweg. Ich konnte nicht anders. Es war unmöglich es ging einfach nicht. Ich habe nichts tun können. Es war nicht meine Entscheidung. Es war einfach so weil ich nicht mehr anders konnte und weil ich keine Kraft hatte. Es war nicht meine Schuld und ich konnte nichts dafür.

Erst wenn ich weg bin darf ich stark sein. Ich bin weg weil ich schwach war. Weil es so gekommen ist. Niemand trifft eine Schuld. Gott vergib mir ich habe gesündigt aber ich konnte wirklich nichts dafür.